„Ich gehe nicht ohne meine Ziege Susi“
Schwester Angela Kordeuter sagt dem Haus St. Antonius in Rottweil Lebewohl und kehrt ins Mutterhaus Heiligenbronn zurück. Mit ihrem Weggang wird der kleine Schwesternkonvent nach gut 35 Jahren aufgelöst. Der Abschied fällt ihr nicht leicht.
Rottweil. Vor 35 Jahren wurde der kleine Schwesternkonvent im Haus St. Antonius in der Johanniterstraße gegründet. Die Heiligenbronner Schwestern kümmerten sich viele Jahre lang um die gehörlosen Menschen, die hier lebten und leben. Sie verstanden und verstehen sich als „geistliche Zelle“ für die Menschen im Haus. Über die Jahre wurden es immer weniger Schwestern, viele kehrten altersbedingt ins Mutterhaus zurück. Seit gut einem Jahr ist Schwester Angela Kordeuter die letzte Heiligenbronner Schwester, die noch hier lebt. Doch das wird sich bald ändern. In den nächsten Wochen kehrt auch sie ins Mutterhaus zurück. Der Schwesternkonvent wird aufgelöst. Eine Ära geht zu Ende.
Der Abschied fällt ihr nicht leicht, gibt sie im Gespräch zu. Über die Jahre sind ihr nicht nur die Hausbewohner ans Herz gewachsen, sondern sie pflegt auch viele nette Kontakte mit der Nachbarschaft. Und vielen Spaziergängern ist die Schwester, die immer ein Lächeln und gute Worte parat hat, bestens bekannt. Entweder, wenn sie mit viel Herzblut und Leidenschaft in ihrem prächtigen Blumen- und Gemüsegarten werkelt, und die Spaziergänger teilhaben lässt und auch mal das eine oder andere Blumensträußchen überreicht, oder wegen ihrer Ziege „Susi“, die ihr über die Jahre ans Herz gewachsen ist, und: die ebenfalls nach Heiligenbronn umzieht. „Der Umzug des Ziegenstalls ist bereits am Wochenende“, berichtet Schwester Angela und erklärt, dass Susi, dann bis zum endgültigen Umzug in wenigen Wochen im alten Stall „wohnen“ muss. „Ja, ohne meine Ziege gehe ich nicht“, sagt sie lachend. Susi begleitet sie auf Schritt und Tritt. Ob sie im Garten werkelt, oder mit ihr einen Spaziergang macht. So hat Angela Kordeuter auch schnell den liebevollen Spitznamen „Ziegenschwester“ erhalten.
Im April 2002, also vor genau 22 Jahren kam Schwester Angela Kordeuter nach Rottweil. Geboren und aufgewachsen ist sie im Oberland, in der Nähe von Ravensburg. Schon bevor sie nach Rottweil kam, war sie auf einer Pflegestation tätig. Im Haus St. Antonius arbeitete sie in der Wohngruppe „Leo“ mit. Ihr und den anderen Schwestern war stets ein großes Anliegen auch die umliegende Gemeinde zu unterstützen. „Im Gebet, in der Liturgie, durch Krankenbesuche und manches mehr“, so Schwester Angela. Seit ihrem Ruhestand im Jahr 2013 war Schwester Angela ehrenamtlich tätig – immer dort, wo sie gerade gebraucht wurde. Die tägliche Arbeit macht der heute 77-Jährigen noch immer eine Menge Spaß. Auch zu den Flüchtlingsfamilien und deren Kindern, die zeitweise mit auf dem Gelände wohnten, pflegte sie ein herzliches Verhältnis. „Für sie war ich die Oma“, erzählt sie lachend. Ein offener Umgang mit allen Menschen ist ihr sehr wichtig. Und auch die Tiere liegen ihr am Herzen. „Jetzt brüten schon wieder die Fischreiher und machen Riesenradau. Und im vergangenen Jahr kamen immer wieder Pfauen“, erzählt sie begeistert. Und dann sind da die Ziegen. Wie kam es eigentlich dazu? „Diakon Arnold hatte eine Ziege.
„Und als er wegzog, ließ er sie da“, erzählt Schwester Angela von den Anfängen. Und schließlich habe Dr. Haas-Prinz, der lange seine Praxis auf dem Gelände hatte, gesagt, dass es ihr gut gehe, wenn sie Ziegen habe. Und so kamen Franzi und Berta hinzu. Nach dem Besuch eines ausgebüxten Ziegenbocks wurden wenig später Susi und Mia geboren. „Da war was los“, erinnert sich Schwester Angela. Heute ist nur noch Susi übrig.
„Wir werden Schwester Angela sehr vermissen“, betont Hausleiterin Beate Mayer. Und auch Generaloberin Schwester Dorothea Thomalla bedauert es sehr, dass jetzt im haus St. Antonius mit dem Umzug der letzten Schwester eine Ära zu Ende geht. „Also ich habe mich hier mitten in der Stadt und zugleich umgeben von Natur immer sehr wohl gefühlt“, sagt Schwester Angela mit ein wenig Wehmut. Doch auch auf das Neue freue sie sich jetzt. „Mal schauen, wo ich da gebraucht werde“, sagt sie voller Tatendrang – wie man sie kennt.
von Stefanie Siegmeier