Am Sonntag, den 27. Juni ist es soweit. Nach 118 Jahren Präsenz in Baindt kehren die letzten beiden Franziskanerinnen ins Mutterhaus nach Heiligenbronn zurück.
18 Jahre leben Sr. M. Carola Pötter und Sr. M. Johannella Schönenberger nun schon in Baindt.
2003 kamen sie zusammen in das Haus St. Menas (Piuspflege) und bildeten mit Sr. M. Philippa Hauser einen kleinen Konvent.
Für Sr. M. Carola ist es schon die zweite Etappe in Baindt (1992-1998). Sie erinnert sich besonders an die Jahre 1992/1993. In der Zeit hatte sie als Hauswirtschaftsleiterin die Aufgabe, die Räumlichkeiten des bisherigen Konventes zu räumen und in das Dachgeschoß der frisch renovierten Piuspflege zu ziehen. 10 Schwestern ziehen 28.12.1995 in das Dachgeschoss ein.
Das Aus- und Einräumen kostet viel Kraft und Substanz. Viele Helferinnen und Helfer, viele kleine und großen Fügungen erleichtern den Umzug. An schöne Erfahrungen von unerwarteter Hilfe erinnert sich Sr. Carola. So z. B. an ein Ehepaar aus Tettnang. Diese fahren mit einem vollgeladenen Lastwagen nach Kroatien. Die Kinderbetten bekommen neue Besitzer, die Küche wird in ein Kloster in Kroatien transportiert usw.
Als Sr. M. Carola und Sr. M. Johannella dann miteinander 2003 nach Baindt kommen, wird ihnen als Aufgabe mitgegeben, eine Gebetsgemeinschaft „geistliche Zelle“ zu sein inmitten der Stiftung.
Regelmäßig sind sie beim Freitagsgottesdienst der Schule präsent, bei Festen, in den Wohngruppen der Piuspflege. Die vielen kleinen Begegnungen und Gespräche bezeichnen die Schwestern als sehr wertvoll.
Mit der Zeit laden sie zu geistlichen Angeboten, wie Exerzitien im Alltag, Besinnungstagen o.ä. ein. Diese nutzen in den Jahren viele Menschen aus Baindt und aus der Umgebung.
Nicht weit von Baindt entfernt verläuft der Jakobuspilgerweg. Der kleine Gästebereich neben dem Konvent wird schnell zu einer Pilgerherberge.
Porta patet – Cor magis (Die Türen stehen offen – das Herz noch mehr).
Diese offenen Türen und Herzen erleben in den fast 18 Jahren viele Pilger.
Es gibt ein festes Ritual:
- Begrüßung mit einem Pilgeressen (in der Regel Spagetti und Tomatensauce)
- ein gemeinsames Abendgebet
- am andern Morgen ein gemeinsames Morgengebet mit einem Pilgersegen.
- nach dem Frühstück geht es für die Pilgerinnen und Pilger wieder weiter.
Im Pilgerbuch gibt es viele berührende Einträge und Rückmeldungen.
Den Schwestern vor allem in Erinnerung geblieben sind Pilgerinnen und Pilger, die sich ohne Geld auf den Weg machen. So z. B. ein polnischer Pilger, der statt Geld eine Empfehlung seines Pfarrers dabeihat oder das Ehepaar, das die Wohnung vermietet und sich gemeinsam auf den Weg macht. Eine Frau aus der Schweiz, die ohne Geld und Handy unterwegs ist, ihre Wohnung und Arbeit aufgegeben hat – umso auf dem Weg frei zu werden für einen neuen Lebensabschnitt.
Es begegnen den Schwestern Menschen, die Heil und Heilung suchen auf dem Weg. Und immer wieder erzählen Pilger Geschichten von Wandlung, von Versöhnung und Frieden. Auch davon gibt das Pilgerbuch heute noch Zeugnis.
Aber nicht nur Pilger finden bei den Schwestern eine offene Tür, auch Menschen, die Ruhe suchen, eine Auszeit brauchen, sich in der Krise befinden. Alle sind willkommen und zum mit-leben, mit-beten, mit-arbeiten eingeladen.
2011 eröffnet das Altenzentrums der Stiftung St. Franziskus, „Selige Irmgard“ ihre Türen in Baindt. Da die Schwestern viele der Bewohner und Bewohnerinnen kennen, verlagert sich der Schwerpunkt ihres Dienstes langsam ins Altenzentrum: Bei Wort-Gottes-Feiern, Kommunionfeiern, Rosenkranz, Sterbebegleitung sind die Schwestern zu finden.
Seit der Coronapandemie hat sich der Alltag der Schwestern deutlich verändert. Besuche in der Gemeinde, Krankenkommunion und die vielen kleinen Dienste und Begegnungen sind nicht mehr im gewohnten Rahmen möglich. Das bedauern die Schwestern sehr, andererseits sehen sie es als Hilfe beim Abschiednehmen.
Wenn Sie nun im Gespräch auf diese 18 Jahre zurückschauen, dann steigt ein großes Staunen auf, was alles möglich war durch die Hilfe Gottes, was alles gewachsen ist…
Es gibt eine große Dankbarkeit für die Menschen, denen sie begegnet sind, die ihnen ihr Vertrauen geschenkt haben, denen sie ihre Hilfe geben konnten, von denen sie beschenkt wurden.
Dazu gehören die Menschen mit Mehrfachbehinderungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung St. Franziskus, die vielen Menschen aus Baindt und Umgebung und nicht zuletzt die Pilgerinnen und Pilger.
Wir haben mehr geschenkt bekommen, als wir geben konnten! ist das Fazit im Zurückschauen.
So schmerzlich jetzt der Abschied ist, so konkret ist ihre Hoffnung für die Menschen vor Ort, wenn sie sagen:
Baindt ist ein ganz besonderer Ort! Wir sind zuversichtlich, dass es hier gut weiter gehen wird. Es gibt so viele Menschen in Baindt und in der Stiftung, die die Traditionen und das kirchliche Leben tragen und gestalten.
Sie greifen im Erzählen immer wieder auf eine alte Geschichte zurück:
Um 1400 wird das Zisterzienserinnenkloster in Baindt als hortus floridus (blühender Garten) bezeichnet, da das geistliche Leben der Schwesterngemeinschaft sichtbar für alle aufblüht.
Ein hortus floridus – das soll der Ort sein und bleiben. Das ist ihr Wunsch und ihr Beten – auch von Heiligenbronn aus.
Dass z. B. die Gemeinde Baindt, die Stiftung mit dem Altenzentrum „Selige Irmgard“ und der Einrichtung für Menschen mit einer Mehrfachbehinderung so gut zusammengewachsen sind – das ist für sie so ein hortus floridus.
Sie gehen mit einer großen Dankbarkeit für das Wirken und Da-Sein Gottes in ihrem Leben und Wirken. ER hat das, was sie gesät haben, wachsen lassen. Durch Sein Wirken ist ihr Dienst fruchtbar geworden. (vgl. Mt. 13,3-9)
Wir wünschen Sr. M. Johannella und Sr. M. Carola ein gutes Ankommen im Mutterhaus in Heiligenbronn und die Erfahrung, dass sie getragen und gehalten sind in der Liebe und Fürsorge des Herrn.